Ein Roman von Laurent Binet
Ausgangspunkt ist eine wahre Begebenheit: Der französische Intellektuelle Roland Barthes wird am 25. Februar 1980 von einem Lieferwagen überfahren und stirbt kurz darauf an den Folgen des Unfalls.
In Binets Roman deuten Indizien darauf hin, dass es sich um Mord handeln könnte – Barthes soll ein geheimes Manuskript des Sprachwissenschaftlers Roman Jakobson bei sich gehabt haben, das statt der bekannten sechs eine weitere siebte Sprachfunktion beschreibt, welche einer magischen Formel gleicht: Sie hilft, jeden Beliebigen in jeder Situation mit Worten zu überzeugen. Das verschwundene Manuskript ist ein Schlüssel zur Macht, weshalb Kommissar Bayard sich sicher ist, dass der Unfall kein Zufall war. Er erforscht das Umfeld sowie die genaueren Lebensumstände des berühmten Pariser Autors. Dabei geriet er mitten hinein in die engsten Kreise der französischen Poststrukturalisten- und Dekonstruktivistenszene. Weil Bayard hier kein Wort versteht, sucht er sich einen Partner aus dem Universitätsmilieu, der ihn bei seinen Nachforschungen begleiten und als „Dolmetscher“ dienen soll. Gilles Deleuze kommt zu Wort, der Semiotiker Umberto Eco, Derrida wird beerdigt, Michel Foucault räsoniert in der Schwulensauna… . Mit viel Humor bringt Binet den Lesern die sprachskeptischen Theorien und Denkansätze jener Zeit nahe, die bis heute die Kultur-, Geschichts- und Literaturwissenschaften prägen. Dabei zeichnet sich hinter der Kriminalgeschichte auch das Bild eines politischen Wandels in der französischen fünften Republik ab: Mit Mitterand kam erstmals ein sozialistischer Präsident an die Regierungsspitze.
(nt)
Verlag: Rowohlt
Umfang: 528 Seiten
Preis: 22,95 Euro
Aus dem Französischen von Kristian Wachinger
Die Rezension ist im BÜCHER Magazin erschienen.