Ein Erzählstück über einen Lehrer aus Paris, der auf dem Land seine Ferien verbringt, einen Tag später als geplant abreisen will und plötzlich mit dem Verschwinden seiner Frau und Tochter konfrontiert wird. Marie Ndiaye erhielt 2009 als erste schwarze Autorin den Prix Goncourt für den Roman „Drei starke Frauen“, seitdem wächst ihr Ruhm, und deshalb erscheint dieser Roman erst jetzt auf Deutsch – in Frankreich wurde er bereits 1994 publiziert.
Marie Ndiaye spielt mit den Genres und verflicht hier das Porträt einer bürgerlichen, heuchlerischen Dorfgemeinschaft mit fantastischen Elementen. Stilsicher und schnörkellos beschreibt sie den Albtraum des zunehmend isolierten Lehrers, er kann die Informationen nicht mehr deuten, die er auf der Suche nach seiner Familie erhält und treibt ins Ungewisse. Zunächst noch traurig und empört über die Störung der gewohnten Ordnung in seinem Leben, scheint er zunehmend fasziniert von der Verworrenheit der Ereignisse. Marie Ndiaye, Tochter einer französischen Lehrerin und eines Ingenieurs aus dem Senegal, lebt seit 2007
mit ihrer Familie in Berlin und ist eine der besten französischen zeitgenössischen Autorinnen.
(nt)
Marie NDiaye: Ein Tag zu lang
Übersetzt von Claudia Kalscheuer
Verlag: Suhrkamp
Umfang: 159 Seiten
Preis: 15,95 Euro
Fazit: Kafkaesk anmutender französischer Roman über die Erfahrung des Entfremdens in einer schwer zu deutenden Welt.
Rezension erschienen im Bücher Magazin.