So fängt das Schlimme an

Cover © S. Fischer Verlag

Ein junger Mann findet Anfang der 1980er-Jahre in Madrid einen Job als Privatsekretär bei dem Filmregisseur Eduardo Muriel. Er bezieht ein Zimmer in dessen Wohnung und verwickelt sich zunehmend in die privaten Dramen und Machtspiele seines Arbeitgebers.

Der Fokus des Erzählers richtet sich auf die sinnlich schöne Ehefrau des Filmregisseurs, Beatriz Noguera, die wegen einer alten Lüge mit Verachtung und Liebesentzug von ihrem Ehemann bestraft wird. Der junge Untermieter spioniert dieser ebenso faszinierenden wie unglücklichen Frau nach, beobachtet sie bei heimlichen Treffen mit zwielichtigen Männern, es entsteht eine subtile Atmosphäre des Begehrens, voyeuristischen Beobachtens und Verführens. Der Autor versteht es, durch Verzögerungen und gedankliche Exkurse die Spannung scheinbar endlos zu steigern. Die Pointe irritiert am Ende, dreht sich im Kern aber um die Frage, was ein Mensch verzeihen kann und wie willkürlich oft eine kleine Schandtat unentschuldbar bleibt, während andere große Verbrechen unter den Teppich gekehrt werden. Das Ehedrama zwischen Eduardo Muriel und Beatriz Noguera wird zur exemplarischen Privatversion der kollektiven Verdrängung und des verlogenen Umgangs mit der faschistischen Vergangenheit in Spanien nach der Franco-Diktatur.
(nt)

Javier Marías
So fängt das Schlimme an
Übersetzt von Susanne Lange
Verlag: S. Fischer
Umfang: 640 Seiten

Fazit: Leicht anachronistisch anmutender, spannend und erotisch erzählter Roman über eine unglückliche Ehe vor dem Hintergrund der Post-Franco-Zeit.

 

Original erschienen im Bücher Magazin 2015.